Gipfelbank

Bergweg

Seuchen und Epedemien

Von kleinen Kästchen auf dem Kapellenboden

In seinen historischen Schriften hat sich Lehrer Bolte mit der Vergangenheit Rötgesbüttels auseinandergesetzt. In einer Aufzeichnung berichtete er von Kleinen Kasten mit Glasscheibe, die in der alten Kapelle auf dem Kapellenboden hängen. In diesen Kasten liegen kleine Kissen und verwelkte Kränze. Vielleicht kann sich die ein oder andere Rötgesbüttelerin noch daran erinnern. Vielleicht sind sie bei den Renovierungsarbeiten besonders gewürdigt worden, vielleicht hängen sie noch immer da.

Was hat es mir den kleinen Kasten auf sich?

Die Kirchenbücher geben Aufschluss darüber. Sie geben ein genaues historisches Bild über den Gesundheitszustand der Gemeinden wieder und erzählen von Seuchen, die in Rötgesbüttel gewütet haben. Die Sterblichkeit, vor allem unter den Kindern, war sehr groß. Als häufigste Todesursache werden Krankheiten genannt, die man heute zum Teil nicht mehr kennt. Während Keuchhusten noch ein Begriff ist, sind Krankheiten wie Scheuerchen oder Schierken und Rachenbräune eher unbekannt.

Epedemien verursachten eine hohe Kindersterblichkeit. Zum Endes des Jahres 1751 starben in Rötgesbüttel innerhalb eines Monats 16 Kinder an Masern, davon alleine drei Kinder im Alter von zwei bis zwölf Jahren des Hans Cordes. Seine Ehefrau und Mutter der Kinder verstarb drei Monate später im Alter von nur 38 Jahren. Im Kirchenbuche steht: “Sie betrübte sich sehr über den Tod ihrer Kinder, woran sie verstorben.“

Schon bald darauf traten die Frieseln stark auf. In den Jahren 1753/54 starben insgesamt neun Kinder an der Krankheit. Darunter war wieder eine Tochter des Hans Cordes. Sie war vier Jahre alt.

Im Jahr 1761 starben an Husten und Jammer drei Kinder. Ende 1766 herrschten die Pocken in Rötgesbüttel, daran starben sieben Kinder. In der Zeit vom 13. – 18 Dezember 1767 sind an der Brustkrankheit vier Kinder gestorben, das älteste war vier Jahre alt. Die Blattern brachen im Dezember 1772 aus. Sechs Kinder fielen dieser Krankheit zum Opfer. 1776 waren es wieder die Frieseln, die stark auftraten. Innerhalb von 2 Monaten starben zehn Kinder.

1782 waren es erneut die Blattern, die weiteren sieben Kindern das Leben kostete. 1783 starben sechs Kinder innerhalb von fünf Wochen an Stickhusten und 1788 fielen erneut elf Kinder den Blattern zum Opfer.

Innerhalb der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind in Rötgesbüttel insgesamt 78 Kinder an Seuchen und Epedemien gestorben.

In der zweiten Jahreshälfte 1870 starben fünfzehn Kinder im Alter bis zu 14 Jahren an Rachenbräune. Auf dem Kapellenboden hängen an den Wänden kleine Kasten, die ein Glasscheibe haben. In diesen Kästen liegen kleine Kissen und verwelkte Kränze. Es sind die Sterbekissen von Kindern.

Nach den Aufzeichnungen von Lehrer Bolte (Boltechronik) aus dem Jahre 1952