An der Riede
Die Bank „An der Riede“
An der Riede / Alter Heerstaße, Richtung Bahn
Hinter Dir fließt die Riede, bis etwa hier her heißt sie Rötgesbüttler Riede und speist sich aus der Feldmark Richtung Rethen und Vordorf. Selbst aus der Ortslage von Meine westlich der B4 fließt Wasser hier entlang. Der zweite Zufluss stammt aus dem Büchenteich und den dahinter liegenden Feldern. Eigentlich heißt der Bach in Rötgesbüttel aber Pendergraben, oder, etwas falsch wiedergegeben, Pfändergraben. Ab der Eisenbahnquerung 300 m östlich heißt der Bach dann offiziell Ausbüttler Riede. Ihr Vorfluter ist schließlich der Allerkanal.
Der Pendergraben floss nicht immer so begradigt durch die Wiesen, früher mäanderte er stark. Darum rankt sich eine Sage, die hier wiedergegeben wird:
Warum der Sandkämper Graben so krumm und schief ist.
Zur Frühjahrszeit, zur Zeit der Schneeschmelze, stehen noch heute oft die Wiesen westlich und südlich des Dorfes unter Wasser. Das muss in früheren Zeiten noch schlimmer gewesen sein, so schlimm, dass die Bauern oft ihr Heu nicht ernten konnten, weil es im Wasser lag. Wie diesem Übelstande abzuhelfen sei, darüber berieten die Männer der Gemeinde an Sommerabenden unter der großen Dorflinde gar oft; zu einem greifbaren Ergebnis waren sie aber nie gekommen.
So hatte auch eines Abends der Geschworene (Bürgermeister) seine Dorfbewohner durch den Gemeindeboten wieder zusammen klingeln lassen. Mittags, wenn er annehmen konnte, dass die Bauern beim Essen waren, zog er mit der Klingel die Dorfstraße entlang und verkündete mit seiner tiefen Bassstimme nach minutenlangem Bimmeln den aufhorchenden Dorfbewohnern die Neuigkeiten: „Der Geschworene unserer Gemeinde lässt Euch sagen, dass jeder, der seine Ehre und seinen Verstand noch besitzt, heute Abend, eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang, sich unter der Dorflinde einzufinden hat, um über die Trockenlegung der Dorfwiesen zu beraten“.
Pünktlich zur festgesetzten Zeit waren alle zur Stelle. Die Pfeifen wurden angesteckt, und bald war jeder von dichtem Tabakqualm umgeben. Ein Gemurmel über das Thema des Abends war zu hören, denn noch hatte der Geschworene die Sitzung nicht eröffnet. Jetzt nahm er einen Stock und schlug damit auf den Tisch. Da verstummte das Gemurmel und jeder lauschte, was jetzt werden würde.
Der behäbige Geschworene wartete noch einen Augenblick, wischte sich umständlich über den Bart und begann: Ihr wisst alle, wie unsere Wiesen unter Wasser stehen. Ich habe euch zusammengerufen, damit wir Mittel und Wege finden, diesem Übelstande abzuhelfen. Ich selbst habe in den letzten Zeiten oft darüber nachgedacht, habe aber kein Mittel gefunden. Nun liegt es an euch gute Ratschläge zu geben, die wir zusammen prüfen wollen. Nun, was meint ihr, wie wir die Wiesen trockenlegen können?“ Die Bauern überlegten, machten Vorschläge, etwas greifbares kam aber nicht zustande.
Niemand hatte bemerkt, dass ein Fremder abseits stand und alles mit angehört hatte. Nach einer Weile trat er in den Kreis der Dorfältesten und sagte: „Ihr lieben Leute von Rötgesbüttel! Entschuldigt, wenn ich zu euren Sorgen etwas sage. Zufällig kam ich hier vorbei, sah euch unter der grünen Linde sitzen und euren Geschworenen sprechen. Habt ihr etwas dagegen, wenn ich euch helfe? Geld und Gut sollt ihr nicht dafür zahlen. Ich verspreche euch eure Wiesen trocken zu machen, wenn --- ihr mir eure Seelen nach dem Tode überlasst! In einem Monat komme ich wieder und hole die Antwort.“
Trotz seiner Verkleidung hatte der Geschworene den Fremden an seinem Pferdefuß und den Hörnern erkannt. Es war kein anderer als der Teufel selbst. Als er den Anderen seine Wahrnehmung erzählte, machten diese ein Kreuz an ihre Stirn, schüttelten sich und baten den Geschworenen seine Hand davon zu lassen. Der aber lachte und meinte, er sei schon mit so vielen Menschen fertig geworden, mit dem Teufel würde er auch fertig werden, auch wenn er seine Großmutter mitbrächte.
Nach einem Monat stellte sich tatsächlich der Fremde wieder ein. Bald war der Handel geschlossen. Nun kam der Teufel mit seinem Vorschlage zu Wort: Die Bauern sollten sich mit den größten Pflügen am dritten Tage der nächsten Woche am Nordholze einstellen und sechs zugfeste Ochsen und auch Ketten mitbringen, damit sie bei Sonnenaufgang einen Graben pflügen könnten.
Damit ging der Teufel seinen Weg. Der Geschworene behielt seine Bauern noch etwas zurück. Diese konnten immer noch nicht fassen, dass ihr Geschworener, den sie nur als einen ruhigen, redlichen und überlegten Menschen kannten, sich so mit dem Teufel einließ. Der Geschworene aber lächelte und meinte:
„Ihr lieben Leute! Ihr wisst, dass man gegen ein Fuder Mist nicht anstinken kann. Mit diesem schwefligen Gestank des Teufels werden wir schon fertig werden. Tut nur was der Teufel fordert, bringt ihm, was er verlangt. Jeder bringt außerdem noch eine Mistforke (-gabel) mit. Zieht eure Wasserstiefel an und verteilt euch auf den ganzen mit Wasser gefüllten Wiesen. Kitzelt den Teufel mit euren Mistforken, denn etwas kann der alte Knabe schon vertragen. Also feste zugestoßen“
Die Bauern hatten schlaflose Nächte. Die ganze Sache mit dem Teufel war ihnen nicht geheuer; aber sie hatten großes Vertrauen in ihren Geschworenen. In der Nacht vor dem dritten Tage der Woche machte niemand ein Auge zu. So kam es, dass alle rechtzeitig zur Stelle waren. Als der Teufel erschien, hatte der Geschworene seine Leute auf der Strecke verteilt, an der der Teufel den Graben ziehen wollte.
Die Ochsen wurden vor den Pflug gespannt, mit Hotte und Hü und viel Geschrei wurden sie angetrieben – aber sie konnten den Pflug nicht von der Stelle bringen. Der Teufel fluchte, aber es half nichts. Er wusste nicht, dass die Tiere seit 3 Tagen nicht zu fressen bekommen hatten und so vor Schwäche den Pflug nicht bewegen konnten.
Der Teufel war baff. Sollte er diese Bauernseele doch nicht bekommen? Das durfte nicht sein. Er überlegte, scharf vom Geschworenen beobachtet. Jetzt sprang der Teufel vor. Mit Schaum vor dem Munde schrie er: „Weg mit den Ochsen, ich spanne mich davor!“
Die Ochsen wurden abgeschirrt, der Teufel ließ sich vorspannen – aber mit Ketten. So fest wurde er angekettet, dass er sich nur nach vorne bewegen konnte.
Jetzt ergriff der Geschworene seine Mistforke, ihm nach taten es auch die anderen Bauern. Der Teufel legt sich in die Ketten und zog und zog. Verteufelt, das war keine leichte Arbeit. Die Bauern trieben ihn an. Jetzt packten sie die Mistforken fester und „kitzelten“ den Teufel was das Zeug halten wollte. Der Teufel wollte sich befreien, aber die Bauern hatten ganze Arbeit geleistet. Der Teufel kniff aus, den Pflug hinter sich herziehend. Jetzt sprangen die überall aufgestellten Bauern mit ihren Forken herbei. Der Teufel wollte ihnen entgehen, nahm eine andere Richtung. Aber da standen wieder Bauern. Der Teufel lief und lief, immer den Pflug hinter sich. An der Ausbüttler Grenze ließen die Bauern schließlich von ihm ab. Der Teufel freute sich, die Bauern mit ihren Forken und dem Höllenlärm los zu sein.
Er ließ sich nie wieder in Rötgesbüttel sehen.
Die Bauern behielten ihre Seelen. Das Wasser lief in den Graben und die Wiesen wurden trocken. Der Sandkämper Graben aber blieb krumm und schief.
Leicht verändert nach einer Geschichte aus der „Bolte Chronik“.
Die Bank wurde gespendet von Heidrun und Hermann Schölkmann